An einem Tag Anfang der 1970-er Jahre durchforstete der Erpftinger Dr. Anton Huber das baufällige alte Pfarrheim in Erpfting. Die Diözöse Augsburg plante seinerzeit eine Restaurierung des alten und geschichtlich wertvollen Denkmals um es vor dem endgültigen Verfall zu retten.
Das Pfarrhaus in Erpfting diente seit seiner Errichtung im Jahr 1711 viele Jahre dem jeweiligen Pfarrer als Wohnhaus und stand nun seit dem Jahr 1966 leer.
Pfarrer Kuisl war der letzte dort wohnende Pfarrherr gewesen. Nun sollte es ausgeräumt und restauriert werden.
Huber, der zu dieser Zeit in Erpfting wohnte und sich um die regionale Geschichte Erpftings bereits mehrfach verdient gemacht hatte, war auf der Suche nach geschichtlich verwertbarem Material.
Und seine Suche sollte tatsächlich nicht umsonst gewesen sein.
In einem halb verfallenen Schrank entdeckte Huber tatsächlich mehrere Schriftstücke, darunter gedruckte und auch handschriftliche Musikalien (1).
Dabei sollte es sich um eine interessante Entdeckung handeln, wie wir noch sehen werden.
Was hat es nun mit diesen Funden auf sich?
Benedictus Pittrich- Der bedeutendste Chorregent von Fürstenfeld
Gehen wir zurück in das Jahr 1819. Franz Xaver Altegger (1783-1869) übernimmt das Amt des Pfarrers in Erpfting. Bereits zuvor, als Altegger noch Schlossbenefiziat in Igling war, hatte er schon mit einem gewissen Benedictus Pittrich Bekanntschaft geschlossen.
Wer war dieser Benedictus Pittrich?
Pittrich wurde in Murnau vermutlich im Jahr 1758 als 6. oder 7. Kind in eine Schäffler-Familie hineingeboren.
Bereits als junger Mann schloss er sich 1783 dem Zisterzienserorden Fürstenfeld (Fürstenfeldbruck) an, wo er den Ordensnamen Benedictus annahm und 1788 zum Pfarrer geweiht wurde.
Bereits früh muss sich seine musische Begabung gezeigt haben. Über seine musikalische Ausbildung gibt es keine Zeugnisse, aber bereits zu dieser Zeit wird er schon als Komponist in Erscheinung getreten sein.


Neben seiner Komponisten-Tätigkeit wird er in der Literatur als Bibliothekar erwähnt und er stand dem Klosterorden auch als Prior vor.
Während der Säkularisation trat er als Chorregent des Klosters in Erscheinung, er hatte somit auch das Amt des Musikpräfekten inne und lehrte an der Klosterschule.
Pittrich muss einen erheblichen Teil seiner Zeit zur Musikkomposition genutzt haben. Es entstanden viele Werke der Kirchenmusik, darunter zahlreiche Messen. Bis heute sind davon etwa 120 Werke erhalten. Mit der Auflösung des Klosters im Jahre 1803 verlor er dort die Möglichkeit Musik zu komponieren und aufzuführen.
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Mehr InformationenAnlässlich eines Festkonzertes „700 Jahre Markt Bruck“ wurde diese Missa F-dur am 9.Juli 2006 in der Klosterkirche zu Fürstenfeldbruck unter der Leitung von Roland Muhr wieder aufgeführt.
Quelle: youtube
Benedictus Pittrich in Landsberg und Erpfting
Und damit kommen wir wieder zurück nach Erpfting, zu dem Fund im Erpftinger Pfarrhaus.
Die letzten 10 Jahre seines Lebens, von 1817-1827, verbrachte Pittrich in Erpfting und Landsberg.(3) Wieso und warum er sich hier niederließ ist nicht bekannt.
Diese Jahre waren für Pittrich noch einmal sehr produktiv, es entstanden zahlreiche Kompositionen, darunter das Divertimento in D-Dur für Viola und Streicher.
In dieser Zeit pflegte Pittrich vielfältige Kontakte zu verschiedenen Erpftingern, die ihn in seiner Arbeit unterstützten.
Wie es zu diesen Kontakten nach Erpfting kam, lässt sich derzeit nicht feststellen.
Ausgewählte Kompositionen in der Erpftinger Zeit (2)
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1. Deutsche Vesper, B-Dur – Besitzvermerk: „ad me Xav. Altegger“, 1818?
2. Divertimento in D-Dur – Besitzvermerk: „ad me Xav. Altegger Par.“, ca. 1821
3. Kantate „Kommt laßt jubelnd uns begrüßen“ – ERP 167, nach 1821
4. Requiem, C-Moll – ERP 182, ca. 1820
5. Tantum ergo, A-Dur – ERP 193, ca. 1820
6. Missa, F-Dur – ERP 173, ca. 1820
7. Requiem, Es-Dur – ERP 186, 1823
8. Vesperae, C-Dur – ERP 198, 1823
9. Vesperae, C-Dur – Besitzvermerk: „ad me Altegger Paroch“, 1823
10. Requiem, Es-Dur – Besitzvermerk: „ad me Par. Altegger“, 1823
11. Symphonie, C-Dur – ERP 192, (keine eindeutige Jahresangabe gefunden)
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Schreiber und Kopisten
In diesem Zusammenhang wirkte zunächst Pfarrer Franz Xaver Altegger als Schreiber und Kopierer für die Kompositionen Pittrichs.
Mehrere Manuskripte als Originalabschriften lassen sich Pfarrer Altegger zuordnen.
Aber nicht nur Altegger, auch Franz Xaver Ritter, Lehrer in Erpfting von 1791 bis 1840, und auch später Pius Stechele, Lehrer von 1855-1866, sowie einige unbekannte Personen aus Erpfting traten als Schreiber und Kopisten in Erscheinung.
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Mehr InformationenDas laut Prof. Klaus Mohr in „mehrfacher Hinsicht ungewöhnliches Divertimento in D-Dur für Viola und Streicher“.(4)
Quelle: youtube
Nur durch eine glückliche Fügung konnten durch diesen Zufallsfund von Dr. Anton Huber im Erpftinger Pfarrhaus Kompositionen von Pittrich aus der Erpftinger Zeit der Nachwelt erhalten werden.
Pittrich wird als bedeutendster Chorregent des Klosters Fürstenfeld beschrieben. Seine Kompositionen wurden zu seinen Lebenszeiten in vielen Kirchen zur Aufführung gebracht.
Die Manuskripte aus dem Pfarrhaus-Fund befinden sich heute in der Bayrischen Staatsbibliothek in München.
Quellen:
- zu (1) Klaus Mohr, “ Die Musikgeschichte des Klosters Fürstenfeld“, S. 70 ff.
- zu (2) Ein vollständiges Werkverzeichnis von Benedictus Pittrich findet sich in “ Die Musikgeschichte des Klosters Fürstenfeld“, Autor: Prof. Klaus Mohr, Seite 74 ff.
- zu (3) Laut Recherchen von Prof. Klaus Mohr im Landsberger Stadtarchiv in den 1980-er Jahren
- zu (4) Laut Prof. Klaus Mohr, Hochschule für Musik und Theater München
Wir danken Prof. Klaus Mohr für die freundliche Unterstützung!